Donnerstag, 30. Mai 2024

Erfolgreich werden auf die einfache Tour


"Nutzt du schon ChatGPT für deinen Blog?", rief es mir auf Insta entgegen. Ich könne damit mein Blogging aufs nächste Level bringen. Vor diesem Post haben mir gefühlt ein Dutzend Anzeigen DIE PERFEKTE MARKETINGSTRATEGIE für Social Media angepriesen. "Funneling!" schrie es da, "so wirst du erfolgreich", aber bevor ich dazu kam, das Wort Funneling zu googeln, weil ich Ahnungslose keine Ahnung habe, was das ist, knallte mir schon der nächste Coach ein "Vergiss Funneling, mach es so wie ich, DAS ist dein Weg zum Erfolg" aufs Auge. Das war dann endlich mal ein Rat den ich beherzigen konnte, also, zumindest den ersten Teil, den mit dem "Vergiss Funneling", den zweiten Rat ignoriere ich.

Kürzlich habe ich den YouTube Kanal einer "Autorin" gefunden. Ziemlich viele Follower, ziemlich knackige Titel unter den Videos, klang alles sehr ... ähm ... (zu) vielversprechend. Neugierig, aber auch mit einer düsteren Vorahnung, klicke ich auf das Video mit dem Titel (sinngemäss wiedergegeben, kann mich nicht genau erinnern): "Wie du als Self Publisherin dein Buch selbst lektorierst und korrekturliest". Ich schicke mal vorsichtshalber voraus: KEINE seriöse Autorin tut so was. Keine. Weil es unmöglich ist. Weil man als Autorin gegenüber eigenen Fehlern blind wird. Aber die gute YouTube-Frau wollte, dass wir alle ganz viel Geld sparen können, und gab fröhlich Ratschläge wie: "Nutze das Word-Korrektur-Programm, lies den Text noch einmal durch, kümmere dich nicht zu sehr darum, ob Wörter getrennt oder auseinander geschrieben werden, interessiert heutzutage sowieso niemanden mehr, veröffentliche den Text, macht nichts, wenn noch Fehler drin sind, kannst ja Rückmeldungen nutzen und dann das Buch neu herausgeben ..." 

Ich sass mit offenem Mund da und hörte weiter zu, so, wie man bei einem schlechten Film dran bleibt, weil man sehen möchte, wie bescheuert das Ende ausfällt: sehr bescheuert oder total bescheuert. Und so wartete ich gespannt auf die Auflösung auf die Frage, wie man sein Buch selbst lektoriert - und siehe da, die fröhliche Frau wusste tatsächlich Rat. Was sie empfahl, waren nichts anderes als Tipps zum Überarbeiten des Textes, etwas, das ich von jeder seriösen Autorin und jedem seriösen Autor erwartete und voraussetze, bevor der Text ins Lektorat geht. Aber die fröhliche Frau war jetzt schon glücklich. "So kannst du viel Geld sparen!", meinte sie und strahlte in die Kamera. 

In den Kommentaren bedankten sich schreibende Menschen bei ihr. Ich gestehe, ich hing geplättet in den Seilen. Und ich verstehe nun sehr gut, warum Self Publishing einen derart schlechten Ruf hat. Ich glaube auch zu verstehen, warum Menschen auf YouTube lieber dieser Frau folgen als solchen, die ihnen knallharte Wahrheiten erzählen (ja, die gibt es tatsächlich auch!): Dass Schreiben Arbeit ist, dass man professionell vorgehen muss, dass man im Self Publishing Geld in die Finger nehmen und damit Menschen bezahlen muss, die den Text lektorieren und am Ende auch korrekturlesen. Aber wer will so was schon hören, wenn man den Erfolg auch sehr viel billiger und sehr viel einfacher haben kann?

Mitunter sogar gratis. Da kann man sich ganze Ratgeber kostenlos aus dem Netz laden. Aber so richtig alles steht dann da nicht drin, weil der schreibende Ratgebermensch die Tipps und Tricks voll drauf hat: "Wenn du mehr wissen willst, buche meinen Online-Kurs für sensationell billige 999 Euro" oder so.

Ich fürchte, ich bin abgeschweift. Eigentlich ging es ja um das "Nutzt du schon ChatGPT für deinen Blog?" Die Antwort ist: "Nein." Wieso sollte ich bloggen, wenn die Texte von einer Maschine stammen? Wieso sollte man einen Blogpost lesen, der von einer Maschine generiert wurde? Ja, sogar wenn man mit der Maschine nur Ideen für mögliche Posts sucht: Warum soll ich bloggen, wenn ich selber keine Ideen habe?

Ungefähr eine Zillion Coaches könnten diese Fragen sofort und ohne mit der Wimper zu zucken beantworten. Und ungefähr eine Zillion Mal ginge es um Optimieren, Kunden generieren, Einkommen generieren, Geld verdienen, noch mehr Geld verdienen, erfolgreich werden, noch erfolgreicher werden ... Anders gesagt, um die Kasse zu füllen. Die Kasse des Coaches.

Fazit: Wenn ihr auf einfache Tour erfolgreich werden wollt, versucht es als Coach in den Social Media. Oder als Self Publisher ohne Ahnung von irgendwas. Viel Glück.

Donnerstag, 23. Mai 2024

Verrückte Geburtstags-Zufälle

Das sind Onkel Mike (links) und Leon (rechts). Zusammen mit Susi und der Höllenlärm Paula spielen sie die erste Geige ... ähm ... die erste E-Gitarre und das erste Schlagzeug im Buch Ich, Onkel Mike und Plan A.

Die Geschichte erschien 2016 im ars Edition Verlag und fiel dort nach gut zwei Jahren - leider - wieder aus dem Programm. Ich habe das Buch dann im Self Publishing noch einmal neu aufgelegt und bei Books on Demand veröffentlicht. Kürzlich bekam ich Post von BoD:

WAS?, dachte ich, SCHON FÜNF JAHRE? Ich habe mich gefreut und ein kleines, privates "Happy Birthday" gesungen.

Einen Tag später habe ich wegen etwas ganz anderem mit Josia Jourdan telefoniert, der mir erzählt hat, seine Schwester habe das Buch schon viermal gelesen. Und übrigens, im Buch stehe eine lustige Widmung von mir für ihn drin. Allzu viel will ich nicht verraten, nur so viel: Es geht um einen roten High Heel, den Josia und ich gemeinsam beerdigen müssen, wenn ... (ähm, ich erzähle euch davon, sobald das "Wenn" erfüllt ist).

Und so als Sahnehäubchen oben drauf hat vorgestern jemand einen Klassensatz von 25 Büchern mit den Abenteuern von Leon, Onkel Mike, Susi, der Höllenlärm Paula und allen anderen wunderbaren Buchfiguren bestellt.

Möglich ist diese Bestellung nur, weil dank BoD meine Bücher weiterhin erhältlich sind.

Wer mehr über Backlisten wissen möchte (was eine Backlist ist, welche Vorteile sie für Autor:innen und Verlage hat usw.) - Hier erkläre ich das:


Donnerstag, 16. Mai 2024

Solothurner Literaturtage - ein Rückblick


Das setzte ich als einzigen Punkt auf die To-Do-Liste im Bullet Journal. GENIESSEN. Gemeint waren die Solothurner Literaturtage, zu denen ich mit meinem Buch Mittelstreifenblues - völlig unerwartet - zum dritten Mal eingeladen war. Da es wohl meine letzte Einladung an die Literaturtage war, hatte ich mir vorgenommen, tief einzutauchen und die Zeit dort zu geniessen. Kleiner Vorausspoiler: Es ist mir zu 100 Prozent gelungen. 

Ich reiste am Montag an, checkte in meinem (wunderschönen) Zimmer in einem Altbau direkt am Fluss ein, stellte erst einmal den Schreibtisch von der Wand ans Fenster mit Blick auf die Altstadt und richtete mich dann gemütlich ein. Bis zum Nachtessen setzte ich mich an den Schreibtisch, führte mein Bullet Journal nach, guckte nach draussen und fühlte mich so richtig als Autorin. Nach all den Monaten, in denen ich hauptsächlich als Verlegerin gearbeitet hatte, war es genau der passende Zeitpunkt für diesen bewussten Rollenwechsel.

Am Abend waren die Autor:innen vom JuKiLi (Jugend- und Kinderliteratur) Solothurn zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen. Für mich war kein vertrautes Gesicht dabei, was eine neue aber auch sehr gute Erfahrung war. Auf all den Lesetouren, an denen ich bis vor ein paar Jahren teilnahm, traf ich immer wieder auf liebe und bekannte Gesichter. Diesmal war es anders. Ich lernte neue Berufskolleg:innen kennen, alle spannend und mit tollen Projekten. Es entwickelte sich ein unterhaltsamer, interessanter Austausch mit Menschen, die für ihre Arbeit brennen. Wie ansteckend das war! Wie gut das getan hat. 

Am Dienstagmorgen traf ich mich mit Autorin Karin Bachmann zu einem sehr langen Brunch, am Nachmittag hatte ich dann meine erste Lesung aus dem Buch Mittelstreifenblues. Bestens betreut von meiner Ansprech- und Kontaktperson Rico und dem Techniker Ramon. Weil Mittelstreifenblues ein stilles, ruhiges Buch ist, das zwar viel Handlung aber nicht wirklich viel Action hat, war ich mir nicht ganz sicher, wie die Lesung funktionieren würde. Es wurde dann auch etwas stiller und ruhiger als sonst, aber es war wunderschön.


Der Mittwochmorgen stand ganz im Zeichen von Lesungen. Zwei waren es, eine vor einer sehr grossen Gruppe, eine mit einer sehr kleinen. Zu meiner Freude fand ich heraus, dass auch Lesungen aus Mittelstreifenblues fröhlich, witzig und lebhaft sein können. Die stillen Passagen aus dem Buch passten trotzdem bestens in diese Lesung hinein. Für mich war diese Lesung ein Highlight. Bei der kleinen Gruppe wurde der Austausch persönlich; weil es sich um sehr leseschwache Jugendliche handelte, wünschte ich mir jedoch, ich hätte mein da bux Buch Voll Risiko dabeigehabt; es hätte besser gepasst. Ich habe gar nicht so viel vorgelesen, sondern viel mehr erzählt und vor allem den Austausch gesucht, der die Lebenswelt der Jugendlichen berücksichtigte. Fazit der drei Lesungen: Jede war anders als die andere, jede war einzigartig und schön.

Am Nachmittag traf ich mich mit Autor Franco Supino zu einem Kaffee. Für einmal ging es gar nicht so sehr ums Schreiben, sondern um viel Persönliches und Privates. Und am Abend holte ich Herrn Ehemann vom Bahnhof ab, der das lange Wochenende mit mir in Solothurn verbrachte.

Am Donnerstag gingen wir beide wandern und entdeckten dabei für uns die ehemalige Cellulose-Fabrik Attisholz, die heute ein derart cooles Kulturareal ist, dass wir beinahe nicht aus dem Staunen rauskamen. Wir streiften endlos lange über das Gelände, blieben immer wieder stehen, ich fotografierte wie wild und konnte gar nicht fassen, dass es so einen Ort wirklich gibt. Mein Tipp: hingehen und ansehen. Unbedingt.


Am Abend fand die Eröffnungsfeier statt. Viersprachig. Mit rätoromanischer Begrüssung. Die Feier wurde zu einer Würdigung der Solothurner Autorin Gertrud Wilker, die dieses Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Leider ist ihr Werk in Vergessenheit geraten, aber dank einer engagierten Historikerin, die die Literaturtage an diesen Geburtstag erinnerte, durften wir diese spannende Autorin entdecken. Einerseits durch ihre Originaltexte, andererseits durch Interpretationen von Autor:innen, Übersetzerinnen und einer Illustratorin, die live Collagen schneidet. Ich sass wie gebannt auf meinem Stuhl und habe mich keine Sekunde gelangweilt oder das Gefühl gehabt, hier werde ein Pflichtprogramm heruntergespult. Dass das Catering danach der absolute Wahnsinn war, hat den Abend schlicht perfekt gemacht.

Am Freitag durfte ich Teil einer Podiumsdiskussion über Serien im Kinder- und Jugendbuchbereich sein. Der Saal war voll, das Publikum sehr interessiert, der Moderator hat perfekt durch den Anlass geführt. Mit mir auf dem Podium sassen Barbara Russlow und Katja Alves.


Zu keiner Zeit war ich vor einem der Anlässe nervös oder aufgeregt. Ich habe mich einfach nur gefreut darauf. Es war ein Miteinander, ein Aufeinander-Eingehen, ein Austausch mit und unter Begeisterten. Ich weiss, dass das viel zu schön klingt, um wahr zu sein, aber genau so habe ich es empfunden. Ich habe unendlich viel aus diesen Begegnungen mitgenommen.

Am Freitagnachmittag und Abend trafen wir noch einmal gute und liebe Berufskolleg:innen. Es war ein Heimkommen, ein Ankommen, ein Ernten von all dem, was in den letzten Jahren an Gutem gewachsen ist. Das hat all das Negative, das Schwierige, das Frustrierende, das Harte, das es in diesen Jahren als Autorin auch gegeben hat, relativiert, kleiner und weniger wichtig gemacht, hat mich spüren lassen, dass das, was ich tue, richtig und gut ist, dass man seinen Weg auch in einem sehr schwierigen Umfeld gehen kann. Aber auch, dass man die Wahl hat, wie man seinen Weg gehen will. 

 
Den letzten Tag in Solothurn haben wir mit Wandern verbracht. Zwanzig Kilometer der Aare entlang. Ein Traum. Die Verleihung des Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreises habe ich sehr bewusst ausgelassen, weil sie mich an all das Negative der vergangenen Jahre erinnert hätte. Und so wurde der Tag zum perfekten Abschlusstag in Solothurn.

Mit nach Hause genommen habe ich das Brennen für meinen Beruf. Ein Brennen, wie ich es seit Jahren nicht mehr gekannt habe. Und einen ganz klaren Blick darauf, wie ich als Autorin weitermachen möchte. Dazu dann mehr in einem anderen Blogpost. 

Ich wünsche euch Leidenschaft und viel Feuer für das, was ihr tut. Versucht zu brennen. Und wenn das nicht geht, sucht nach dem Funken, der euch daran erinnert, weshalb ihr mal mit dem angefangen habt, für das ihr vielleicht nicht mehr so brennen könnt. Denn wenn ihr den Funken findet, könnt ihr das Feuer wieder entzünden. Alles Gute. Tragt euch Sorge.

Donnerstag, 25. April 2024

Handfeste Tipps für kreative Menschen

Autorenratgeber gibt es wie Sand am Meer. Ganz viele davon übrigens von Menschen, die ausser einem Ratgeber übers Schreiben noch nie ein Buch geschrieben haben. Ich habe vor langer Zeit aufgehört, mir welche zu kaufen. Aus den paar wirklich guten, die bei mir auf dem Regal stehen, habe ich mir die Tipps herausgenommen, die für mich und zu mir passen. Selber würde ich keinen Schreibratgeber schreiben, weil der nur aus einer Seite bestehen würde, auf der stehen würde: Finde für dich heraus, was für dich und zu dir passt. Na ja, ich könnte dann ja auch noch erzählen, wie andere es so machen ... und dass das, was für andere passt, für einen selbst oft halt nicht passt. Womit ich dann schon wieder beim Finde für dich heraus, was für dich und zu dir passt wäre.

Zurück zu den Ratgebern, die aus mehr als einer Seite bestehen. Und dort zu jenen, die ich als wirklich brauchbar und handfest empfinde: Die Bücher von Austin Kleon, Ratgeber generell für kreative Menschen, nicht nur für Autor:innen. Sie sind eine wahre Fundgrube. Fadengerade, ungeschönt realistisch, gnadenlos ehrlich. Gleichzeitig inspirierend und motivierend. Vor allem sehr brauchbar und praxisnah. Sie liegen neben meinem Bett, kommen mit mir ins Haus in Cumbel, manchmal sogar mit in die Ferien. Ich liebe es, in diesen Büchern zu blättern oder sie einfach auf einer beliebigen Seite aufzuschlagen, denn ich kann mich darauf verlassen, dass mich ganz bestimmt ein gutes Zitat, eine herrliche Textpassage oder eine tolle Illustration anspringt.

Austin Kleon ist auch eine grosse Hilfe, wenn es darum geht, seine Social Media Seiten spannend zu gestalten. Zeig deine Arbeit, ist sein Motto und sein Leitfaden. Nun ist das einfacher, wenn man fotografiert, malt, tanzt, singt usw. als wenn man schreibt. Kinder- und Jugendbuchautor:innen dürfen bei den Schullesungen keine Kinder/Jugendliche fotografieren, weshalb man auf Instagram und Co jede Menge leerer Stuhlreihen sieht. Oder einen Tisch mit Büchern vor leeren Stuhlreihen. Oder Herr Autor oder Frau Autorin in einem Selfie vor leeren Stuhlreihen. Wir dürfen nichts über den Inhalt des Buches verraten, das wir gerade schreiben. Also zeigen wir unsere publizierten Bücher. Entweder schön drapiert oder im Buchladen, bestenfalls einen ganzen Stapel davon, schlechtestenfalls halten wir verlegen grinsend unser Buch in die Linse. Manchmal zeigen wir uns bei der Hin- oder Rückfahrt zu und von Lesungen. Und wenn uns gar nichts mehr einfällt, stellen wir schon mal das Foto einer schönen Kaffeetasse mit einem Notizblock daneben online. Das ist alles schön und gut ... und irgendwann völlig langweilig und beliebig.

Ich habe mir lange gesagt: Der Austin hat gut reden. Was soll ich denn zeigen? Leere Stuhlreihen (okay, habe ich gemacht, mache ich immer noch, einfach anders als früher). Aber je öfter ich in seinen Büchern schmökere, desto klarer wird mir: Es gibt sooo vieles zu zeigen und vor allem zu erzählen:  Hintergrundinformationen zum Buch, über die Figuren, über die Recherchen, darüber, was mich inspiriert und motiviert, auch wer mich inspiriert und motiviert. Was das Schreiben in mir auslöst, was mich am Schreiben hindert. Welche Passagen in meinen Büchern zu meinen Lieblingspassagen gehören ... 

Kürzlich habe ich laut gelacht, als ich Jutta Wilkes Instagram-Post über die Hürden beim Schreiben von Jugendbüchern gelesen habe:

Ich denke, das ist ziemlich genau das, was Austin Kleon mit Show your Work meint. Er sagt auch: Teile die Arbeit von anderen, nicht nur deine eigene. Zeige, wer dich inspiriert. Erzähle, warum. Denn damit lernt man gleich über zwei Menschen mehr: den Menschen, der dich insipriert und dich.

Zurzeit stecke ich mal wieder in einer heftigen Austin-Kleon-Phase. Und ich habe das Gefühl, die Ideen wachsen aus meinem Kopf heraus wie ein Dschungel bei warmem Sommerregen. Ich lasse sie mal wachsen, mache mir Notizen und zeige euch in den nächsten Wochen und Monaten meine Arbeit. 

Wenn ihr Lust habt, mir zu erzählen, was euch inspiriert, schreibt mir doch einen Kommentar. Würde mich sehr freuen.

Donnerstag, 18. April 2024

Treibholz

Nach einer wunderschönen Wanderung durch den Maremma Nationalpark kamen wir am Strand an. Der Anblick raubte mir den Atem, obwohl ich wusste, was mich erwartete, denn wir waren vor zwei Jahren schon einmal hier gewesen. Damals hing ein schweres Gewitter in der Luft, ein starker Wind blies und wir konnten weder lange verweilen noch wagten wir es, den Strand entlang zurück zum Ausgangspunkt der Wanderung zu gehen. Wir nahmen eine Route durchs Landesinnere, ein Vernunftsentscheid. Das Herz tat noch eine ganze Weile weh, weil es sich zurück an den Strand sehnte.

Auch dieses Mal wehte ein starker Wind; in den Hügeln, durch die wir eben noch gewandert waren, brauten sich dunkel die Wolken zusammen, aber über dem Meer hing blauer Himmel. Wir zogen die Wanderschuhe aus und machten uns dem Strand entlang auf den Weg. Die Wellen rollten auf dem Sand aus, bildeten kleine, weisse Schaumränder, leckten am Treibholz, löschten hinter uns die Spuren unserer Fussabdrücke.

Das Laufen im weichen Sand gegen den Wind forderte Kraft. Wie gut, dass ich immer wieder stehenbleiben musste um zu fotografieren und filmen! Ich konnte mich kaum sattsehen. Treibholz habe ich immer geliebt. Bei uns in den Bergbächen, auf den Sandbänken am Rhein, im Walensee, am Meer. Von einem einsamen Strand in Schottland habe ich ein kleines Stück eines zerschollenen Fischerbootes mit nach Hause genommen. Es steht nach all den Jahren immer noch auf einer kleinen Kommode in einem unserer Zimmer. Im Haus in den Bergen befindet sich eine mittlerweile beinahe vollständig überwachsene Skulptur aus Tongebilden und Treibholz, die Herr Ehemann und ich gebaut haben (die Tongebilde in einem Kurs, den wir gemeinsam besucht haben).

Bei uns im Rheintal gibt es die Rheinholzer, die bei Hochwasser das Treibholz aus dem Fluss fischen, eine jahrhundertealte, nicht ungefährliche Tradition. Auch ich habe schon als Kind besonders schöne Teile von den Sandbänken mit nach Hause genommen. 

Warum mich Treibholz so fasziniert, kann ich nicht genau sagen. Mir gefällt das vom Wasser ausgelaugte Holz, mir gefallen seine Farbe und seine Formen. Und nicht zuletzt könnte jedes dieser Stücke eine Geschichte erzählen. Vielleicht mögt ihr ja noch ein wenig dem Holz zusehen und zuhören. Dann klickt doch auf das Video: